Inkontinenz – diskretes Thema

Rein medizinisch betrachtet wird Inkontinenz so definiert, dass die Betroffenen nicht mehr in der Lage sind, Urin oder auch Stuhl willentlich zu halten und auf kontrollierte Art und Weise abzugeben. So simpel diese Definition klingen mag, so weitläufig können aber die Ursachen sein und so umfangreich sind auch die Beeinträchtigungen, die mit Inkontinenz verbunden sind.

Man spricht bereits dann von einer Harninkontinenz, wenn nur einzelne Tropfen Urin unwillkürlich abgegeben werden. Bei der sogenannten Belastungsinkontinenz wird ein solcher Urinverlust durch Lachen, Husten oder auch schweres Heben ausgelöst. Im Gegensatz zu einer Dranginkontinenz ist vorher kein Harndrang zu spüren, bei einer Dranginkontinenz tritt er dagegen so plötzlich und stark auf, dass das rechtzeitige Erreichen der Toilette nicht mehr möglich ist. Auch dass die Betroffenen nicht mehr spüren, wann ihre Blase gefüllt ist und sich diese schließlich von selbst entleert, ist eine Form, die Reflexionsinkontinenz. Mit diesen Beispielen ist nicht einmal jede Form der Harninkontinenz abgedeckt, es wird aber bereits deutlich, wie verschieden die Ausprägungen sein können und dass in jeder Form anderer Ursachen zugrunde liegen.

Das Thema ist den Betroffenen oft peinlich, viele trauen sich nicht einmal, mit ihrem Arzt darüber zu sprechen. Folgen reichen bis zu sozialer Isolation und damit verbundener Einsamkeit und gehen damit sehr weit über die rein körperlichen Beschwerden hinaus. Entsprechend wird auch davon ausgegangen, dass die Anzahl der Betroffenen zu einem nicht unerheblichen Teil im Dunkeln liegt, weil diese im Stillen vor sich hin leiden und die Beschwerden lieber zu verbergen versuchen.

Die gute Nachricht ist aber: Für nahezu jede der unterschiedlichen Formen von Inkontinenz gibt es eine Behandlungsmöglichkeit. Das Spektrum der Therapie beginnt schon bei einfachen Maßnahmen wie Beckenbodentraining. Auch verschiedene Medikamente können eingesetzt werden. Selbst wenn eine Operation nötig sein sollte, gibt es heutzutage Eingriffe, die nur minimalinvasiv sind und dennoch Wirkung zeigen.

Die Behandlung richtet sich nach der Form der Inkontinenz und der Ursache, das Spektrum der möglichen Therapie-Formen ist deswegen relativ groß. Das Aufsuchen des Arztes mag zwar Überwindung kosten, doch die Aussicht darauf, nach einer Behandlung wieder frei von Beschwerden zu sein und im Alltag nicht mehr beeinträchtigt zu werden, ist ein gewichtiges Gegenargument.

Obwohl Inkontinenz umgangssprachlich auch als Blasenschwäche bezeichnet wird, muss sie mit der Blase selbst gar nichts zu tun haben. Spätestens bei den Formen der Stuhlinkontinenz wird klar, dass diese umgangssprachliche Bezeichnung eigentlich gar nicht passt. So können geschwächte Muskulatur im Bereich des Beckenbodens oder eine falsche Weitergabe von Signalen zwischen Blase und Gehirn über das Rückenmark schuld sein. Zur Belastungsinkontinenz kann es bei Frauen durch mehrere Geburten und damit verbundene Überlastung des Beckenbodens kommen. Auch Operationen können eine Inkontinenz nach sich ziehen, eine Stuhlinkontinenz kann auch beispielsweise von einigen Medikamenten oder chronischen Erkrankungen ausgelöst werden. Die Ursachen können also vielfältig sein und liegen häufig auch vollkommen außerhalb des Einflusses, den Betroffene selbst ausüben können. Es ist also kein Unvermögen, rechtzeitig oder oft genug auf die Toilette zu gehen, für das man sich schämen müsste, sondern schlicht eine Fehlfunktion des Körpers, die sich glücklicherweise behandeln lässt.

Was man bei einer Inkontinenz in jedem Fall vermeiden sollte, ist zu wenig zu trinken. Ganz im Gegenteil, viel trinken ist wichtig, damit die Blase ordnungsgemäß funktionieren kann und keine Nierensteine entstehen. Bei einer Stuhlinkontinenz kann tatsächlich Verstopfung zu den Ursachen zählen, durch zu wenig Flüssigkeit wird dies nur schlimmer. Dem Darm kann man mit einer Ernährung helfen, die genug Ballaststoffe enthält, dagegen sollte man Nahrungsmittel meiden, die Blähungen verursachen.

Zu den Ursachen für Inkontinenz können auch teils lebensgefährliche Krankheiten zählen. Hier stellt Inkontinenz dann eines von mehreren Symptomen dar. Zu diesen Krankheiten zählen zum Beispiel Niereninsuffizienz oder Demenz, aber auch Darmkrebs und Prostatakrebs. Eine zügige ärztliche Behandlung ist in diesen Fällen umso wichtiger. Letzten Endes gilt also auch hier: Je früher der Arzt aufgesucht wird, desto besser. Und desto früher hat man die Möglichkeit, die Beschwerden wieder loszuwerden.

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